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am yeto haben mit ihrem jüngsten album einen volltreffer gelandet – punktum! sie klingen nicht nur „größer und gewaltiger, als sie besetzt sind“ (purer luxus), sondern schaffen darüber hinaus „atemberaubenden indie post rock mit mogwai-gütesiegel“ und einen „gewaltigen instrumental-sturm“ (intro) – selten habe ich die kollegen lieber zitiert. und natürlich müssen wir diesen wunderknaben mal genauer auf die finger schauen – wäre doch ein ding, wenn ausgerechnet wir hier den trend verpennen … gitarist jürgen heinik stand rede und antwort.

nn: in einer unserer älteren ausgaben wurde eure musik mal als „party-postrock“ bezeichnet – kannst du damit etwas anfangen?
einfach nur ein „blödes worstpiel“ - oder ist da was dran? ist es tatsächlich so, dass sogar eher unzugängliches wie „postrock“ inzwischen partykompatibel sein kann?

jürgen: ich kann mir durchaus vorstellen, dass es das gibt ... bei les savy fav würde ich das sogar unterschreiben ... geiler postrock und große party ... und dann sind da ja noch robocop kraus. aber ehrlich gesagt finde ich es eher müßig, darüber nachzudenken, ob unsere musik „party postrock“ ist. postrock an sich umfasst ja schon eine riesige bandbreite. es gibt soviel gute bands, die so unterschiedlich an die musik herangehen und letztendlich einfach postrock machen, oder? … also: ich entscheide mich für „blödes wortspiel“ …

nn: bleiben wir beim postrock … auch hier schaut man ja immer gerne über den großen teich und vergleicht, obwohl es auch hierzulande sehr gute bands gibt - wer fällt dir dabei ein?
jürgen: erstaunlich, was es da in deutschland für gute musik gibt. klar ist da viel von amerika beeinflusst. aber ich denke, man muss gar nicht immer nach drüben gucken. qualität gibt’s bei uns inzwischen auch. ehrlich gesagt schau ich mir zur zeit ohnehin am liebsten bands aus deutschland an: du willst namen? wie wär’s mit telemark, patterns, subrosa falcon association, fitness, ultrafair, unstern bedroht, ampersand, fuck u is my name, here comes conclusion ... wird leider zu lang, wenn ich weitermache. zum thema amerikanische vorbilder könnte ich auch ein namedropping vom stapel lassen: fugazi/dischord, slint, chokebore, shellac, les savy fav, hot snakes, die ganzen postrocksachen halt, aber auch build to spill, chicago, sonic youth, jesus lizard... und ganz großartig auch: trans am und golden.

nn: da du die „qualität“ ansprichst … gerade im bereich hardcore/punk wird deutschen bands oft vorgeworfen, sie wäre allzu „unselbständig“, hätten keine eigene handschrift; deutsche postrock bands scheinen hingegen für ein hohes maß an eigenständigkeit zu stehen – worin besteht diese „eigene handschrift“, wodurch zeichnen sich deutsche bands aus, was unterscheidet sie zum beispiel von us-amerikanischen bands – oder anders ausgedrückt: was machen die postrocker besser als die punks?
jürgen: also wenn ich mir die leute und deren umfeld anschaue, sehe ich halt ganz viele menschen, die sehr kreativ sind und ihre vorstellung von musik und kreativität ausleben. da die szene verglichen mit anderen nicht so groß, muss man viel selber machen und organisieren. die vorbilder sind ja klar, und ich habe sie gerade schon erwähnt, aber anstatt nur zu kopieren, geht man einen schritt weiter und bringt die eigene kreativität mit ins spiel. daraus entwickelt sich dann auch eine eigene handschrift, die sich eben nicht vor den amerikanern verstecken muss. es geht ja nicht um besser oder schlechter, es geht darum, dass die leute es mit herz machen und nur so kann jeder seinen eigenen stil entwickeln. dann bleibt’s auch spannend.

nn: … und zum thema „was machen die postrocker anders oder gar besser als die punks“?
jürgen: keine ahnung, ob das wirklich so ist. jeder muss halt selber wissen, was er macht. musik, die unter postrock läuft, ist einfach experimentierfreudiger. da wird mehr ausprobiert. und wo mehr freiraum ist, da kann dann auch einfach mehr passieren.

nn: was bedeutet eigentlich am yeto?
jürgen: am yeto hat keine wirkliche bedeutung. das „am“ entstand durch die große liebe zu trans am und das „yeto“ resultiert aus meiner skateboardvergangenheit. als es darum ging, wie wir heißen, wurde gar nicht lang rumgemacht; am yeto klang gut und wurde einstimmig angenommen. das neue album hat übrigens keinen namen - wie es sich für die erste scheibe gehört.

nn: aus euren texten – womit wir bei meinem lieblingsthema wären - werde ich nicht so ganz schlau …
jürgen: text ist wichtig, steht aber nicht im vordergrund. er entsteht oft durch worte oder sätze, die ich in uralten wörterbüchern oder englischen büchern fi nde oder sonstwo aufschnappe. wenn die mir gefallen und sie für mich einen sinn ergeben, entwickelt sich daraus dann eine kleine geschichte. meistens beschreibt der text dann irgendwelche gefühle, die mir gerade durch den kopf gehen. das ganze ist dann sehr bildhaft. das mit dem wörterbuch ist übrigens deswegen witzig, weil da wörter drin stehen, die selbst muttersprachler nicht mehr kennen, weil die heutzutage gar nicht mehr benutzt werden. die frage mit den anspruchsvollen texten und den postrockbands würde ich am liebsten an unseren schlagzeuger abgeben, der ist fachmann auf dem gebiet, aber leider gerade nicht greifbar ... ich interessiere mich eher für ein gutes hörspiel oder hörbuch. das beste was ich in letzter zeit übrigens an guten texten gehört habe, war irgendwas von kinderzimmer productions. kein postrock - aber sehr gut.

keule
fotos: marcpfeiffer.de www.noisy-neighbours.de ausgabe 21